Heute früh habe ich bei einem Blick auf meinen Handy-Vertrag festgestellt, Handy und ich feiern Geburtstag und noch dazu einen runden. 20 Jahre bin ich nun schon mobil erreichbar und dachte, es wird mal Zeit meinem Handy ein paar Worte zu sagen, auch wenn es inzwischen eigentlich ein Smartphone ist.
Mein liebes Handy,
du begleitest mich jetzt seit 20 Jahren, wir hatten gute, weniger gute und schlechte Tage, wie es in einer Beziehung eben so ist. Für ein Handy habe ich mich damals entschieden, weil ich beruflich viel unterwegs und meine Tochter noch so klein war. Ich wollte einfach erreichbar sein, sollte etwas sein. Außerdem warst du, zu der Zeit auch noch eine richtig coole Sache, allein ein Handy zu haben, verschaffte Punkte. Ich kann mich noch genau erinnern, als ich damals im Laden stand und meinen allerersten Vertrag schloss und es toll fand. Entschieden hatte ich mich für ein Mobiltelefon von Siemens, vielmehr als telefonieren konnte man auch noch nicht. Doch simsen, nur hatte leider niemand den ich gut kannte ein Handy, daher entfielen die SMS. Aber ich bekam regelmäßig Textnachrichten mit den aktuellen News. Das war sowas von toll.
In den 20 vergangenen Jahren hast du mir meistens gute Dienste geleistet und mich fast immer begleitet. Bist du mal nicht dabei, fühle ich mich erstmal irgendwie nackt. Trotzdem ist es inzwischen so, dass ich dich am Wochenende und im Urlaub immer öfter in den Offline-Modus versetzte oder gar ausschalte. Sei nicht traurig, aber nach all den Jahren, gibt es nun wieder Zeiten, da möchte ich gar nicht erreichbar sein und ich will auch einfach nicht abhängig von dir werden. Darum stelle ich dich auch jedes Jahr zweimal für mindestens eine Woche ganz aus. Und ehrlich, eine Pause so ab und an tut gut und entspannt mich sehr. Außerdem nehme ich in diesen Zeiten meine Umgebung und meine Mitmenschen viel intensiver wahr als mit dir.
Die traurigste Nachricht, die ich über dich erhalten habe, war die, dass mein bester Freund gestorben ist. Ich konnte es lange nicht fassen und habe noch oft seine Nummer gewählt, in der Hoffnung, alles war ein Irrtum. Die schönste dagegen war ein geflüstertes „Ich liebe dich“. Es gab auch eine äußerst peinliche, als eine – ähhhhm – ziemlich leidenschaftliche Liebesmail beim falschen Adressaten landete.
Ulkig finde ich, dass ich, seitdem ich dich habe, immer weniger telefoniere. Früher habe ich, doch manche Stunde am Telefon verquatscht, manchmal haben mir Ohr und Arm danach weh getan. Inzwischen schreibe ich statt dessen mal schnell eine Whats App-Nachricht oder auch gerne einige mehr (gibt es schon ein Verb?)
Heutzutage bin ich meistens im Internet mit dir, checke Facebook, lese meine Mails, irgendwelche News und natürlich benutze ich verschiedene Messenger. Meinem Fotoapparat und meiner Video-Camera hast du inzwischen eindeutig den Rang abgelaufen, einfach weil du eh immer da und so herrlich unkompliziert bist.
Trotzdem würde ich dich manchmal gerne zum Fenster raus werfen, sogar, wenn du gar nicht mir gehörst, z.B., wenn ich mich mit jemandem unterhalte und der ständig auf sein Handy guckt oder das Telefon interessanter zu sein scheint, als der gemeinsam geschaute Film. Toll, auch die Leute in Bussen und Bahnen, die sich frontal vor den Ausgang stellen, einen dicken Rucksack aufhaben und via Stöpsel im Ohr „Was auch immer“ hören und ich komme nicht raus.
Manchmal nervst du auch gehörig, weil irgendwelche lästigten, traurigen oder doofen Nachrichten kommen, aber trotzdem Danke, dass es dich gibt. Du hast mir viele Stunden voller Angst erspart, wenn meine Lieben angerufen oder gesimst haben, wenn sie sich verspäten oder nicht kommen können und mir manches Lächeln ins Gesicht gezaubert, ob einer lieben oder lustigen Mitteilung.
Alles Liebe und auf die nächsten 20
deine
Ela
Gedanke des Tages:
Könnte ich ohne Mobiltelefon noch existieren? Ich glaube ja, nicht gerne, aber ja. Ich habe das Glück noch ohne großgeworden zu sein und könnte mich vermutlich recht schnell wieder umstellen. Im „Urlaub ohne“ klappt das jedenfalls ganz wunderbar.
Moment des Tages:
Aufwachen, gut geschlafen zu haben und bester Dinge zu sein. Anscheinend ist das kleine schwarze Loch überwunden.
Zitat des Tages:
Ist es nicht merkwürdig, dass eine lange Leitung auch bei Ferngesprächen selten etwas nützt? (Kalenderspruch)
Foto des Tages
JO, da gehts mir ähnlich. Und ich erwische mich zunehmend dabei, dass ich außer Haus gehe, und das „Handy“ zuhause lasse.
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