Allein = Einsam?

Für mich war diese Reha auchals  so eine Art Selbstversuch angelegt, ich hatte mir schon vorher vorgenommen, mich hier nicht auf enge Freundschaften einzulassen.

Ich hatte gleich mehrere Gründe dafür:

  • Zum einen hatte ich anfangs ja arge Probleme mit meinem Bein, ich MUSSTE mich alle 50 m irgendwo hinsetzen oder -hocken, sonst zerschnitt ein großes Messer (gefühlt) meinen Unterschenkel bzw. ein Feuer brach da dringen aus. Ich wollte anderen, aber vor allem mir nicht antun, dass ich alle 3 Minuten hätte sagen müssen: Ich muss mich kurz hinsetzen
  • Ich wollte wissen, wie ich mich mit mir als hauptsächliche Gesellschaft zurechtkommen würde, kann ich alleine leben?
  • Ich fragte mich, ob ich mich sehr langweilen würde
  • Würde ich mich einsam fühlen?
  • Wie würde es sich – abgesehen – von dem Stundenplan anfühlen, selbst bestimmt zu leben?

Zu meinem eigenen Erstaunen habe ich gut durchgehalten, natürlich habe ich mich ab und an mit Leuten unterhalten, habe am Tisch geplaudert und mit Zuhause telefoniert. Aber ich habe nach der Abreise meiner Familie vor knapp drei Wochen nur einmal etwas zusammen mit einer anderen Frau gemacht und das auch nur, weil wir uns zufällig am Eingang des Piratenspektakels getroffen haben.

Das Experiment ist geglückt, es geht mir gut mit mir. Gelangweilt habe ich mich gar nicht, aber ich will nicht verschweigen, dass es den einen oder anderen Moment gab, wo ich mich etwas verloren fühlte, aber doch erstaunlich selten.

Für mein Bein war es ganz gewiss die richtige Entscheidung, ich konnte ganz nach meinem eigenen Rhythmus leben, auf meine Bedürfnisse eingehen und die Belastung ganz langsam steigern, natürlich abgesehen von den Therapien hier. Aber auch da war es mir nicht peinlich auch mal zu sagen: Mir geht es nicht so gut, ich gehe in die Gruppe derer, die nicht so fit sind. Mit dieser Taktik bin ich gut vorangekommen, anfangs waren 300 m eine für mich schier unüberwindliche Distanz und gestern habe ich weit über 9000 Schrite und fast 5 km zurückgelegt, immer noch mit Pausen, aber dennoch ist der Unterschied gewaltig. Ich fühle mich wieder mobil.

Angst davor, mal alleine zu verreisen, hätte ich auch nicht mehr, denn auch nur mit sich kann man genießen und Spaß haben. Es macht mir gar nichts mehr aus, allein in ein Restaurant zu gehen oder an den Strand. Es ist nämlich auch schön, wenn man nach eigenem Gusto entscheiden kann, wo, wie, wann, was. Niemand will einem seine Vorstellungen einreden  und man ist ziemlich frei in seinen Entscheidungen. Auch wenn man mal zu nichts Lust hat, ist es okay.

Drei Vier Dinge waren für mich in dieser Zeit extrem wichtig:

  • Mein Kindle, ich habe soviel gelesen, wie schon ewig nicht mehr und zugegebenermaßen, mehrheitlich leichte Lektüre. Am besten, aber das war vorher schon klar, hat mir der 6. Band der Nightingale Schwestern gefallen. Den siebten habe ich schon vorbestellt. Gerade habe ich den zweiten Band einer neuen Serie um einen Erbenermittler fertig gelesen. Die Reihe gefällt mir auch gut, aber ich fand den ersten Band  (Margot S. Baumann: Band des Schweigens, John A. Fortunes 1. Fall) deutlich stärker. Als nächstes nehme ich mir einen historischen Krimi von Ann Granger (Ein Mord von besserer Qualität; ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross)
  • Das Smartphone und die Möglichkeit jederzeit Kontakt mit Familie oder Freunden aufzunehmen und natürlich zu fotografieren. Ich hatte hier auch eine richtige Kamera mit, eine recht teure Kompaktkamera von Sony, mit ihr wollte ich eigentlich filmen. Aber zum einen eignet sie sich dafür nicht gut, weil der Auslöser zum Filmen an einer blöden Stelle sitzt und man weder mit filmen beginnen noch es beenden kann ohne zu wackeln. Die Fotos mit meinen Smartphone (Samsung S 7) finde ich auch nicht schlechter, von daher war sie überflüssig.1501073674236
  • Mein Tablet mit Hülle und Tastatur, weil es so zum Laptop wurde und ich damit ganz prima meinen Blog, an meinem Krimi (der vermutlich doch nie fertig wird)  schreiben und E-Mails beantworten kann. Außerdem war es meine Schnittstelle zu meinem bevorzugten Streamingdienst. Ich habe mir die zweite Staffel einer meiner Lieblingsserien (Body of proof) vorher gekauft und wenn mir mal die Decke auf den Kopf fiel, geschaut.1501073754011
  • Meine (wechselnden) Tischnachbarn, denn so ein bisschen Kommunikation brauche ich dann doch auch.

Gefehlt haben mir meine Malsachen, ich hätte hier gerne  gemalt, aber die ganzen Sachen hätten nicht in meinen Koffer gepasst. Ich habe mir hier zwar noch Öl-Pastellkreide gekauft, aber so richtig meins ist das nicht und das Ergebnis sieht schon sehr nach Kinderbildern aus. Also habe ich dann einfach ein bisschen mehr fortografiert. Ich habe nämlich eine Galerie entdeckt, die einem hiesigen Maler gehört, der Foto-Mal-Collagen macht, eine Technik, die ich auch sehr gerne mal ausprobieren möchte.

Der Wiedereinstieg ins normale Leben in unserer Familien-WG wird sicher nicht ganz einfach, habe ich hier doch ausschließlich um mich gekreist. Ich werde mich wohl erstmal wieder daran gewöhnen müssen, auf andere einzugehen, Rücksicht zu nehmen und nicht mehr alles tun zu können, was mir gefällt. Aber ich freue mich jetzt auch richtig auf mein normales Leben in meiner kleinen Chaos-Familie.

Letztendlich hat sich Experiment gelohnt, ich hatte nämlich ganz schöne Ängste vor einer Zeit, wenn ich vielleicht doch mal alleine leben muss und nicht mehr arbeite. Ich bin mir jetzt sehr sicher, ich schaffe das, ohne depressiv zu werden. Wichtig ist dabei, glaube ich, dem Leben Struktur zu geben und Interessen zu haben.

Liebste Grüße

Ela

10 Gedanken zu „Allein = Einsam?

  1. Blieb bei meiner letzten Reha nach Knie-OP auch aus ähnlichem Grund lieber alleine, obwohl ich bei meinen vorherigen Rehas immer die Gesellschaft suchte und auch sehr nette Leute fand.
    Dauerte die ersten Wochen, bis ich überhaupt wieder länger als eine viertel Stunde laufen konnte, was ja doch andere sehr behindert…. und dann wollte ich nur noch feste trainieren, um mich wieder ganz ohne Hilfe und Schmerzen bewegen zu können. 🙂
    Liebe Grüße von Hanne und sehr interessant dein Bericht!

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  2. Das kann ich alles so unterschreiben. Auch wenn meine Einschränkungen aus einer ganze anderen Richtung kommen, und durch Training nur bis zu einer bestimmten Grenze steigerbar waren, aber niemals darüber hinaus. Was man auch erstmal als Fakt erlernen und berücksichtigen muss. Dieses mit sich selbst sein können, ist auch ein Lernprozess. Und ich habe auch für mich gelernt, dass es nicht MEINE Aufgabe ist, mich bzgl. meiner Möglichkeiten nach anderen zu richten, weil das fürchterlich schief gehen würde.

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    1. Da gebe ich dir natürlich recht und bei mir gibt es auch Grenzen. 40 cm Metall an der Wirbelsäule sind ein Fakt und sie schränken ein, damit lebe ich schon lange. Meine Familie und Freunde müssen dise Grenze akzeptieren, ich bin wie ich bin und wer das nicht kann … Tschüss!

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