Wir schützen unsere Alten und Kranken❗ Schützen wir sie❓

Ja, ja, ich weiß, schon wieder Corona, da müsst ihr jetzt stark sein. Meine Mutter ist alt, schwer vorerkrankt. Somit ist sie eine sogenannte Hochrisikoperson (was für ein blödes Wort!). Weil sie eine solche ist, kam sie seit Mitte Februar, als wir aus Mailand kamen – Corona war da noch etwas, das uns nichts anhaben konnte – nicht mehr aus dem Haus, sie sieht mich, weil sie mit mir lebt und anfangs noch meine Tochter, die sich als Ärztin in einem Krankenhaus mit Coronafällen nun aber nicht mehr nach Hause traut und bei einer Freundin wohnt. Gerade als die Ausgangssperren begannen und der Coronatest zum Glück negativ war, fing mein Urlaub an, fünf Wochen war ich Daheim, weil der alte Urlaub weg musste.

@privat

Ab dieser Woche nun bin ich zwei Tage im Büro und zwei im Homeoffice. Für meine Mutter waren schon die Wochen mit mir nicht einfach, ich bin kein großes Plappermäulchen, lese viel, bin ewig am Schreiben und das bisschen Haushalt, Einkaufen u.s.w. (mein Traumurlaub!). Aber immerhin konnten wir in Ruhe frühstücken, ich habe mir Zeit für sie genommen und wir haben von (irgendwann) kommenden Urlauben und besseren Zeiten geträumt, meine Tochter hat täglich angerufen. Doch jetzt sitzt sie an meinen Bürotagen neun Stunden ganz allein in der Wohnung, liest zwar viel, eine begeisterte Fernseherin war sie noch nie und viel mehr geht aus gesundheitlichen Gründen nicht.

Doch jedes Mal wenn in den Nachrichten wieder vom Hochrisikopatienten die Rede ist, bekommt meine Mutter große Angst, die sich irgendwann zu einer Depressionen auswuchs, inzwischen vergeht kaum ein Tag, an dem sie nicht vom Tod spricht und weint. Mir zerbricht dann fast das Herz und ich weiß, sie muss unbedingt wieder raus, sonst stirbst sie tatsächlich an Corona, wenn auch nicht am Virus direkt. Ich habe jetzt beschlossen, dass wir am Sonntag in den Zoo (mit entsprechendem Schutz) gehen und hoffe, das hilft ein wenig.

Jetzt frage ich mich, was machen allein lebende Menschen, die ebenfalls alt und/oder vorerkrankt sind, sich nicht nach draußen trauen oder können und als einzige Gesellschaft, ihr selten klingendes Telefon, den Fernseher und hoffentlich Bücher haben. Ich stelle mir das unglaublich belastend vor, ich würde wahrscheinlich meinen Wänden Namen geben und so langsam durchdrehen. Dabei bin ich gesund und kann mich auf so viele Weise beschäftigen. Gestern habe ich in einer Zeitschrift, von einem Netzwerk gelesen, dass die Alterseinsamkeit bekämpft und eine Telefonhotline eingerichtet hat. Eine tolle Initiative, wie ich finde.

Noch schlimmer müssen die Menschen in Alten- und Pflegeheimen dran sein, die keinen Besuch mehr bekommen dürfen, oft halb vergessen sind und auch im Heim nur in ihrem Zimmer sitzen, wenn es hochkommt ein paar mal am Tag eine Pflegekraft sehen. Zu alledem was ja wirklich schon genug wäre, kommt der Todesengel der über ihnen schwebt. Was muss in diesen Menschen vorgehen, wenn sie lesen, dass in einigen Heimen die Bewohner wirklich sterben wie die Fliegen? Diese (Todes-)Angst vermag ich mir gar nicht vorzustellen. Spätestens dann wird das Virus zur ganz persönlichen Bedrohung. Denn auch, wenn manche sogenannte Experten ja meinen, dass es doch nicht so schlimm sei, weil Menschen über 80 ja sowieso nicht mehr allzu lange Zeit haben. Ich sehe das anders, vielleicht weil ich mit einem Menschen in diesem Alter lebe, die meisten alten Menschen würden gerne noch die ihnen verbleibende Zeit nutzen, haben Wünsche und Träume. Ich durfte mal eine Dame interviewen die kurz vor ihrem 102 Geburtstag stand, viel Pläne hatte und sich auf verschiedene Ereignisse sehr freute.

❤-lichst

Ela

2 Gedanken zu „Wir schützen unsere Alten und Kranken❗ Schützen wir sie❓

  1. Liebe Ela, danke für den Text; ich glaube, die Besuchsverbote in Krankenhäusern und Pflegeheimen schaden teilweise mehr, als sie nutzen – auch wenn sie das Virus fernhalten. Ich denke zurzeit oft an meine Mutter, die im letzten Sommer mit 95 gestorben ist – und bin froh, dass sie das nicht mehr erlebt. Sie lebte die letzten anderthalb Jahre in einem Pflegeheim, weil ihre Demenz spät eisetzte, sich dann aber sehr schnell verschlimmerte. Den Grund für das Besuchsverbot hätte sie sicher nicht verstanden und sie hätte sich sehr einsam und verlassen gefühlt. Denn obwohl die Pflegerinnen und Pfleger sehr nett und zugewandt waren und sie immer von den gleichen betreut wurde, waren meine Schwestern, mein Mann und meine Tochter letztlich die einzigen Menschen, die sie bis zum Schluss wiedererkannte. Alle anderen blieben ihr fremd. Unsere Besuche waren entscheidend für ihre Lebensqualität; es war für sie wichtig, uns so oft wie möglich zu sehen. Dafür hätte sie das Risiko, sich zu infizieren, sicher in Kauf genommen. LG Eva

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    1. Es tut mir leid, dass deine Mutter verstorben ist. Für Demenzkranke muss es noch einmal schlimmer sein. Ich glaube auch, dass Einsamkeit töten kann.
      Herzlichen Gruß
      Ela

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