Von der Kunst des Loslassens

„Schicke Licht, schicke Liebe und dann lass los“, dieser Satz ist mir aus dem Kinofilm Eat, Pray And Love mit Julia Roberts im Gedächtnis geblieben.

Schön wäre es, wenn das so einfach wäre und man auf einen Button drücken könne, auf dem „Loslassen“ stände. Ich, jedenfalls, bin da nicht besonders gut drin. Dabei sollte Loslassen doch unsere leichteste Übung sein, üben wir es doch mit jedem Augenblick, jedem Tag, jeder Stunde. Nichts was man heute erlebt, wird je wieder genauso geschehen. Ist nicht im Grunde jeder Atemzug einmalig, nicht wiederholbar und daher auch unglaublich kostbar. Glücklicherweise gehe ich aber nicht jeden Abend mit dem Gedanken schlafen, dass dieser Tag einmalig, unwiederbringlich und vielleicht der letzte war. Vom Gefühl her sind die viele Tage eher gleichförmig und, ja, oft erscheinen sie ein bisschen langweilig. Auffallen tut der Lauf der Dinge oft nur an den Meilensteinen, wenn wir besonders glücklich oder unglücklich sind oder aber wenn es gilt loszulassen. immer dann, wenn das „Nie wieder“ sich den Weg ins Bewusstsein bahnt. Auslöser können ein Umzug, eine Kündigung, eine Hochzeit, ein Verlassen, Verlassenwerden, eine Scheidung, ein Auszug oder schlimmstenfalls der Verlust eines Menschens sein und natürlich eine Kombination mehrerer Faktoren.

Es gibt Dinge, die kann und will das menschliche Hirn wohl einfach nicht wahrhaben. Gerade wenn eine Partnerschaft zerbricht, überfällt einen oft das Gefühl des persönlichen Versagens, denn wollten wir nicht für immer und ewig lieben, haben (hatten) den Traum, im Alter mit unserem Partner seit Jugendtagen, händchenhaltend auf der berühmten Parkbank zu sitzen. Loslasen bedeutet in einem solchen Fall also nicht nur der Verlust eines Menschens sondern auch das Ende eines (Lebens-) Traums und letztendlich steht alles nun wieder auf Anfang. Dabei ist man doch so gewöhnt an seinen Trott und hat es sich darin irgendwie gemütlich gemacht. Unendlich viel schwerer wiegt der Verlust durch den Tod, er lässt keine Hoffnung und führt uns zudem noch die eigene Endlichkeit vor Augen, er macht nicht nur traurig, sondern auch wütend und hilflos. Warum geschieht das gerade mir? Es tut so weh, es zerreißt die Seele und ist (schneint) so verdammt ungerecht.

Aber auch die ganz normalen Verluste tun weh. Mit einem Umzug verlassen wir ja nicht nur eine Wohnung, die zu groß, zu klein, zu wenig schön oder einfach am falschen Ort liegt. Nein, wir verlassen auch unsere Vergangenheit, viele schöne Augenblicke, sicher auch weniger schöne (aber die sind doch schon vergessen, oder?). Die Frage: „Wird es je wieder so (schön) sein? „rattert durch die kleinen grauen Zellen.

Ein neuer Job, vielleicht sogar ein Aufstieg macht sowieso Angst: Sind wir der neuen Herausforderung gewachsen, werden wir angenommen, werden wir Erfolg haben?

Für jede Mutter, sicher auch jeden Vater ist der Auszug des Kindes einer der wohl schwierigsten Momente. Dieses Wesen das uns einst anvertraut wurde, für das die meisten Eltern ihr Leben geben würden, dessen Wohl in den letzten 18, 20, … Jahren, der Lebensmittelpunkt war, geht, verlässt uns. Wenn mal Glück hat in Frieden und Freundschaft, trotzdem heißt es auch dann „Nie wieder“, denn so wird es nie wieder sein, ein Lebensabschnitt geht zu Ende. Angst, dass das Leben so vielleicht keinen Sinn mehr haben könnte, steigt hoch. Ist in der Partnerschaft überhaupt noch Inhalt? Gibt es überhaupt einen Partner oder bleiben wir allein zurück? Werden wir noch geliebt? Wird unser Kind es schaffen, allein, ohne uns, zu bestehen? Bedeutet es, dass das Alter beginnt?

Wie geht man mit all diesen Situationen um, wie lässt man denn nun los? Im Laufe seines Lebens muss da wohl jeder seine eigene Technik entwickeln. Vielleicht auch bereit sein, Trauer zuzulassen, zu durchleiden, großzügig und liebevoll zu sich selbst zu sein. Das was war, wird nicht zu uns zurückkehren, aber haben wir nicht mit jedem Abschied auch die Chance auf 1000 neue Begegnungen, Erlebnisse? Denn in jedem Abschied liegt doch bekanntermaßen ein Neubeginn.

Also doch: Schicke Licht, schicke Liebe und dann lass los …

Liebste Grüße

Ela

Schreibfaul

Ich weiß, ehrlich gesagt, selbst nicht, was mit mir los ist. Ich kenne mich so gar nicht, mir fällt einfach nichts ein. Dabei habe ich schon fast ein schlechtes Gewissen. Nur hilft  das auch nicht wirklich weiter.

Nun könnte ich mich natürlich rausreden und behaupten, der Job, der Haushalt und die Pflege lassen mir keine Zeit. Aber das wäre glatt gelogen, da ich bis heute ja nur zwei Stunden am Tag gearbeitet habe und zum Glück die beste Tochter der Welr habe.

Ich glaube, mir geht im Moment einfach zu viel durch den Kopf. Ab Mitte Oktober arbeite ich wieder meine vier Tage in der Woche voll, d.h. 9.15 Stunden pro Tag und da bin ich mir einfach unsicher, ob ich das schaffe. Meine Mutter braucht immer mehr Unterstützung im Alltag, die Pflegestufe dauert und dauert.  Ich weiß nicht, wie ich das und „das bisschen Haushalt“ hinkriege, ob mein Rücken mitspielt. Ganz dicher bin ich mir, meine Tochter muss ausschwirren, ihr Leben leben. Was bedeutet das alles für mein Leben? Ist es schlimm ein bisschen Angst zu haben?

Mein Ansinnen auf mobiles Arbeiten an zwei  von fünf Tagen pro Woche (das machen ganz viele bei uns) hat mein Chef einfach vom Tisch gefegt mit „Sie kriegen das schon hin und Sie müsden immer ansprechbar sein“.  Er ist der Ansicht, dass ich, wenn meine Tochter fertig mit dem Studium ist, ja einfach meine Arbeitszeit weiter verkürzen kann (dann kann er hemandem einstellen). Was interessiert ihn auch meine Rente bzw. Pension?

Manchmal regt es mich total auf, wenn alle erzählen, wie  toll es ist zu altern. Gäbe es eine gescheite Alternative, könnte ich gut darauf verzichten, ich habe das Alter Tag für Tag vor Augen und weiß, es gibt lustigeres.

Wer dieses leicht wilde Geschreibsel liest, ahnt schon welches Chaos in meinem Kopf herrscht, aber ich hoffe, es demnächst sortiert zu haben und dann wieder in alter Frische und mehr schreiben zu können.

Liebste Grüße 

Ela

Opa, Ersatzpapa und Held meiner Kindheit

Ursprünglich veröffentlicht im Mitmach-Blog zum Thema der Woche (KW34): Oma und Opa

Fast mein Leben lang, mit nur kurzen Unterbrechungen, lebe ich in einer  Mehr-Generationen-WG, früher einfach Familie genannt. Als ich klein war, also schon vor einiger Zeit, lebten meine Mama und ich bei Oma und Opa.

Damals war es noch nicht alltäglich, wenn eine Frau unverheiratet ein Kind hatte und es ohne Partner groß ziehen musste oder – wie im Falle meiner Mutter – wollte. Aber ganz allein war sie nicht, denn wir wohnten ja bei meinen Großeltern. Ich glaube, kein Kind, dass so einen großartigen Opa wie ich hatte, vermisst seinen Vater. Ich jedenfalls habe meinen Opa Erich heiß und innig geliebt und diese Liebe wurde genauso erwidert. Auch meine Oma war wohl toll, aber mein Gehirn hat alle Erinnerungen an sie gestrichen, als sie starb, damals war ich erst sieben. Aber noch heute sehe ich Opa und mich in unseren Schrebergarten radeln, ich glaube, ich konnte eher radfahren als laufen, er vorweg und ich als kleines Küken hinterher. Er zeigte mir alle Pflanzen und ich durfte helfen, auch wenn diese Hilfe hauptsächlich darin bestand in den Obstbäumen zu sitzen und zu naschen. Trotzdem weiß ich bis heute, wie man Kartoffeln erntet und Erdbeeren pflanzt, irgendwann bekam ich dann mein ganz eigenes Beet. Darin durfte ich alles pflanzen und keiner redete mir rein. Nur der Plan Marienkäfer in Streichholzschachteln zu züchten scheiterte kläglich. Aber es gab ja auch noch unsere Tiere, mein Opa war Kaninchenzüchter und mein Onkel hatte Tauben. Die Tauben mochte ich am liebsten auf dem Teller, aber die Kaninchen waren so weich und kuschelig, es war ein ziemlicher Schock, als ich entdeckte, wo die possierlichen Tiere am Ende landeten. Ab und zu durfte ich auch mit Opa an die Ocker, dort hatte wir eine Wiese, wo er Kaninchenfutter mit der Sense schlug (?). Das war aufregend, die Sense war so herrlich gefährlich und in der Wiese konnte man so schön träumen. Ich war ein ausgesprochen lebhaftes Kind und konnte einfach nicht stillsitzen und weil ich immer am Hüpfen war, gab mir meine Familie den Spitznamen „Froschi“, der mir als ich ein wenig älter war, furchtbar peinlich war. Ich erinnere mich, ich war mit Opa eine neue Jacke shoppen und hatte ein wunderbares hellblaues Exemplar entdeckt und mich  irgendwie – ohne es zu merken – wohl recht weit vom Ausgangspunkt entfernt, da schallte laut und vernehmlich ein deutliches: Froschi, wo bist du? durch den ganzen Laden.  Man habe ich mich geschämt, ich wollte nie wieder in dieses Geschäft und auf die tolle Jacke verzichtete ich auch. Meiner Liebe tat auch das allerdings keinen Abbruch, mit Opa konnte ich einfach über alles reden, er verriet mich nie. Er war ein kleiner und drahtiger Mann, kaum 1,65 m, in seiner Jugend hatte er geboxt und es bis zum Deutschen Meister im Fliegengewicht gebracht, dabei gab es keinen sanfteren Menschen als ihn. Aber trotzdem konnte er wütend werden und fluchen, wie kein zweiter, vor allem wenn jemand seiner Froschi etwas tun wollte, so wie er ist nie wieder jemand für mich eingetreten. Als ich dreizehn war, paktierte er mit mir gegen meine Mutter und schenkte mir auf meinen Wunsch ein froschgrünes Jugendzimmer und tapezierte mein Zimmer klammheimlich in knallrot, komplett machten es dann die Scherenschnitte aus der Bravo von David Cassidy und Piere Brice als Winnetou. Es waren die bunten 70iger und ich war sehr stolz auf mein Zimmer bei dieser Gelegenheit lernte ich auch malern und tapezieren. Aber meine Mutter war furchtbar sauer, eines ihrer Hobbies ist Inneneinrichtung.

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Mein „rotes Zimmer“, da war ich so ca. 17 (1978), da lebte Opa schon nicht mehr und David Cassidy wurde von Reiseträumen angelöst. Ich fand mich aber sowas von cool 😉

Als ich von 14 bis 15 im Krankenhaus lag, besuchte mich mein Opa, dem es nicht gut ging, ein letztes Mal vor meiner OP und brachte mir einen ganzen Becher Sahne zum Trinken mit . Mir war danach furchtbar schlecht, aber um mir diesen Wunsch zu erfüllen, hatte er ein Taxi genommen und ich glaube, er wusste, es war ein Abschied für immer. Zehn Tage nach meiner OP, als feststand, ich hatte alles gut überstanden, ging er für immer von uns. Noch heute höre ich manchmal seinen Schlüssel im Schloß …

Tag 351-353: Mein Jackpot

Heute vor genau 25 Jahren war der vielleicht wichtigste Tag meines Lebens, ein kleines, sehr empörtes Bündelchen Mensch trat in mein Leben und stellte alles, was bis dahin wichtig war in Frage und nichts sollte je wieder so sein wie vorher.

Bis ein paar Monate vor diesem Tag war ich eine junge, sehr ehrgeizige Frau auf der Karriere-Leiter, ich wollte nach oben. Genau das war auch mein Hauptgrund in den Aufbau Ost zu gehen. Mein Weg war straight, 60 Wochenstunden die Regel. Das was ganz und gar nicht auf meinem Plan stand, war die Liebe. Nur das war dem Schicksal offenbar egal.

Tja, und von sowas komt sowas und so erschien vor genau einem viertel Jahrhundert mein persönliches kleines Wunder, mein Töchterchen in meinem Leben. Vom ersten Tag war sie eine kleine Persönlichkeit und tat selten, dass was man sich so vorstellte. So schlief sie schon im Krankenhaus durch, damals gab es noch Rooming in nur am Tag, alle, wirklich alle Babys wurden 1-2 x pro Nacht zu ihren Mamas gebracht, nur meines nicht. Ich weiß noch, dass ich nachts, trotz frischer Kaiserschnittnarbe, ins Babyzimmer wankte um zu schauen, ob sie noch da ist und atmet. Sie war da und so kleine Seufzerchen bewiesen, sie lebte, nur fand sie (bis heute) Schlafen echt cool.

Auf einmal war die Karriere genauso zweitrangig wie  Fernreisen. Wie das Leben so spielt. Oh, ich arbeitete weiter, aber es gab andere Prioritäten. Ich war zurück gegangen, meine Arbeitszeit war mir wichtig, ich reduzierte auf 35 Stunden, weil ich merkte, ich bin keine dieser Super Mums, die alles ganz easy wuppen. 

Für mich, habe ich mich richtig entschieden. Bereut habe ich es nie, dieses kleine Wunder, dass vom Wonneproppen, zum kleinen Prinzesschen und bis heute zu einer taffen und selbstbewussten jungen Frau heranwuchs, wäre noch viel mehr wert gewesen.

Lustigerweise bin ich auch beruflich glücklicher geworden, habe meinen Weg gefunden. 

Sorry für ein bisschen Kitsch!

Liebste Grüße 

Ela

Tag 320: Was macht einen besonderen Tag aus?

Manchmal bestimmen das ganz sicher  die ganz großen Erlebnisse oder Ereignisse, wobei ich bei diesen oft so aufgeregt bin, dass ich vieles gar nicht mitbekomme. Aber klar auch die große, lang erträumte Reise und junge Liebe soeieso, lassen das Herz Freudensprünge machen.

Aber nein, wir müssen nicht Monate  und Jahre auf dieses so intensive Gefühl warten, dass unsere Seele vor Freude tanzen lässt, warten. Denn nicht nur die Meilensteine haben die Fähigkeit, uns glücklich zu machen, manchmal sind es die kleinen Dinge. Sei es ein leckeres Essen, ein paar schöne Blumen, ein Treffen mit Freunden, ein Spaziergang am Strand, im Wald, durch Felder, das Gefühl der Dankbarkeit oder ein gutes Gespräch.

Ich hatte gestern so einen wunder-wunderschönen Tag, der sachlich betrachtet nichts besonderes war. Es passierte eigentlich nicht viel und nicht mal das Wetter tat sich hervor. Aber dieser Tag fing schon gut an, weil wir alle drei nichts wirkliches vorbhatten und uns so fast drei Stunden und über Gott und die Welt quatschend beim Frühstück aufhielten.  Anschließend hatte ich Lust zu malen (eigentlich Töchtings Geburtstagsbild), aber da sie sich zu mir nach Draußen setze, war damit nichts), machte aber nichts, lange schon hatte ich eine neue Blumentopf-Idee, die noch auf Umsetzung wartete. Meine Mum lag derweil auf ihrem Bett mit Blick zu uns und  las. 

Es war einfach so friedlich so liebevoll, ich durfte eine meiner Lieblings-beschäftigungen ausüben, dabei in die Rosen schauen, ihren Duft genießen und hatte meine Lieblingsmenschen um mich. Es war wie eine Oase des Friedens, angst- und sorgenfrei, in einer gefärlichen Zeit und ich fühlte neben Glück auch Dankbarkeit:

  VvbWerd ich zum Augenblick sagen:        Verweile doch! du bist so schön! (Faust 1/J. J. W. von Goethe)