Diesen Beitrag habe ich ursprünglich im Mitmach-Blog veröffentlicht
Manchmal wache ich morgens auf, erschrecke mich und denke „Scheiße Mädchen, du bist 56“ und irgendwie kann ich es selbst nicht glauben, das kann nicht sein, wo sind nur all die vielen Jahre hin?.
Strauss, oh graus und rosa Wolken
Es war gestern doch erst, als ich mit 17, Strauss als Bundeskanzler verhindern und Männer in Anzügen für den Bundestag verbieten lassen wollte. Ich hatte so unendlich viele Träume, ich wollte nie mehr besitzen, als in zwei Koffer passt, ich wollte einen Job, der mich um die Welt führt oder aber nach Hollywood und einen Oscar gewinnen, kurz hatte ich sogar mal daran gedacht Prinz Charles zu ehelichen und irgendwann die Queen zu werden . Nur ein paar Jahre später sah es wieder anders aus, meine große Liebe und ich waren schon eine Weile zusammen, träumten von Hochzeit und Kindern, ich wollte Germanistik und Philosophie studieren, die Welt besser machen. Ganz kurz darauf war er ausgeträumt der Traum, der Mann war weg, ich sehr traurig und mindestens genauso wütend und setzte beruflich auf Nummer Sicher. Ist das alles wirklich schon so lange her, dass es mir scheint, es geht um eine andere, eine Fremde?
Große Abenteuer im Trabbi
Mit dreißig machte ich mich dann endlich wirklich auf zu einem großen Abenteuer, ich ging in den Aufbau Ost. Die vielleicht aufregendste, aber auch arbeitsintensivste Zeit meines Lebens begann, wir, mein Kollege und ich, der nicht immer Kollege blieb, fuhren im Trabbi oder Wartburg durch alte Alleen, graue Dörfer, aßen Soljanka oder Wurstgulasch, wir entdeckten unterirdische Bunkeranlagen, waren in Honeckers Regierungsmaschine, feierten in einer russischen Kaserne. Ich verliebte mich nicht nur in meinen Kollegen sondern auch in Potsdam (diese Liebe blieb).
Mama und Bayern
Mein Kollege wurde mein Geliebter, mein Mann und machte mir das größte Geschenk meines Lebens, meine Tochter. Die Liebe war groß, hielt dem Alltag aber nicht stand, ich ging zurück nach Braunschweig. Aber schon bald merkte ich, hier war es zu klein für mich geworden und wieder brach ich auf, diesmal gen Westen und im Gespann mit Mutter und Kind. Meine Karriere fing an Fahrt aufzunehmen, ich interessierte mich für Frauenpolitik, war engagiert und wurde gefördert. Aber wieder kam es anders, ein Todesfall zwang mich für einige Jahre nach Bayern (da wollte ich eigentlich nie hin). Ein paar Jahre später ging ich schweren Herzens, denn ich hatte mich ins Allgäu verliebt, wieder mit Mutter und Kind im Gepäck, nach Berlin, dort begann für mich so richtig die Zeit als Eislaufmama im (Synchron-) Eiskunstlaufzirkus, Auch das war eine tolle Zeit, ich km in Orte, wo ich ohne den Sport niemals gekommen wäre, begann für für zwei Fach-Zeitschriften zu schreiben, lernte die Stars der Szene kennen.
Wohin führt der Weg?
Ich verstehe es nicht, wie kann es sein, warum ist das alles (bis auf die eine Zeitschrift) Gestern? Ich fühle mich nicht, als würde ich innerhalb der nächsten 10 Jahre in Pension gehen. Ich habe noch immer noch einen Kopf voller Träume und eine faltenfreie Seele, wenn auch einen angeschlagenen Körper.
Manchmal muss ich daran denken, dass mir, wenn ich viel Glück habe, vielleicht noch 25 gute Jahre bleiben. Ich sehe es an meiner Mama, dass das Alter nicht wirklich lustig ist, viele Einschränkungen mit sich bringt und – was ich wirklich furchtbar finde – der Mensch nicht mehr für voll genommen wird, er ist lebendig und scheint doch schon außerhalb zu stehen. Manchmal sprechen Leute (z.B.) Ärzte mit mir, obwohl meine geistig super fitte Mutter neben mir sitzt.
Das macht mir Angst, genau wie die Zeit, die im gleiche Maße schneller wird, wie ich langsamer. Trotzdem bin ich auch gespannt auf alles was da noch kommen mag. Werde ich ein paar meiner Träume noch verwirklichen, eine Zeit am Meer und/oder unter südlicher Sonne leben, wie ich es mir wünsche, reisen malen und schreiben oder kommt es doch wieder ganz anders?
Liebste Grüße
Ela