Auf dem Weg zum Börlin (Berlin)-Mitte-Girl 

Es wird Zeit! Nun lebe ich schon 19 Jahre in Berlin, knapp drei davon in Berlin-Mitte. Ich sollte schnellstens eines der angesagten Börlin-Mitte-Girls werden, okay ich bin ein bisschen alt, aber wenn Madonna tut, als gäbe es Alter nicht, kann ich auch eines dieser von Magazinen und Kreativen bejubelten Girls werden. Mein Wohnort  prädestiniert mich doch dazu. In meinem Haus ist Multi-Kulti Programm und wir seine Bewohner, wir packen das echt friedlich und harmonisch, sogar die wechselnden Airbnb-Mieter passen sich an. An der Hausfassade, hinterlassen, ganz wie es sich gehört, Nachwuchs-(oder Möchtegern-?)Künstler ihre Spuren. Leider ist es ein Nach-Wende-Objekt und kein schnuckliger Gründerzeitbau in dem Weltkriegsbomben Spuren hinterlassen haben, aber das Haus wurde zumindest von einem preisgekrönten Architekten gebaut. Meine 85-jährige Mutter schimpft allerdings täglich über die “Schmiererei”,  und ich, nein, verratet mich bitte nicht, hübsch finde ich die “Kunstwerke” auch nicht wirklich, aber ich arbeite dran. Ich male ja auch unsere Blumentöpfe an und die halt Wände. Zu meinen und besonders zu Mamas` Gunsten spricht allerdings, dass es mit jedem Lebensjahr schwerer wird und länger dauert, ein waschechtes Börlin-Mitte-Girl zu werden. 

Aber was zeichnet denn nun so ein Börlin-Mitte-Girl aus? Fangen wir am Morgen an, denn nach dem Duschen stellt es sich mit geschlossenen (!!!) Augen vor den Kleiderschrank und greift völlig planlos hinein. Das was unser Girl so zufällig gegriffen hat, zieht es nun – unbedingt  ungebügelt – an und freut sich, wenn nichts zueinander passt. Denn, wenn sie es trägt, passt es, ist nice und voll stylisch. Unser Girl hält nichts von Bürsten oder Kämmen und es wäscht die Haare vorzugsweise ohne Shampoo, no Poo. Sind die Haare trocken, werden sie gegriffen und mit dem Haargummi, das immer an seinem Handgelenk baumelt, werden die leicht fettigen Haare zum “Fromme Helene-Gedenk-Dutt” ganz oben auf dem Kopf gezwirbelt. 

Zum Frühstück  setzt es sich an einen klapprigen, nein, sorry, Retro-Küchentisch, mit ebensolchen Stühlen. Vintage ist nämlich  Pflicht, so aus dritter Hand sollte das Mobiliar schon sein. Idealerweise stammt es aus den 60igern, Nierentische sind sowas von angesagt. Auch der Rest der Wohnung erstrahlt in diesem coolem Ambiente. Nur das Schlafzimmer ist ganz anders, da ist man minimalistisch, da tun es ein Futon und natürlich unbedingt  eine Joga-Matte, auch wenn ich oben vom Kleiderschrank sprach, meinte ich selbstverständlich eine Stange. 

Falls überhaupt, gibt es zum Frühstück Getreidekaffee oder Grünen Tee mit Ingwer(!!!), dazu Porridge aus selbstgeschrottetem Getreide,  selbstverständlich Bio und regional, mit Hafermilch denn natürlich isst das Börlin–Mitte-Girl vegan. Beim Verlassen des Hauses trägt es Schuhe frei von tierischen Stoffen mit Ökosiegel an den naturbelassenen Füßen. Geschminkt ist es  keinesfalls, warum auch, denn dafür gibt es Tattoos, auch wenn die langsam massentauglich werden und es sich im Grunde genommen, schon nach etwas Neuem umsehen müsste. Es fährt mit einem museumsreifen – nein, nachhaltigem Fahrrad ausschließlich über Fusswege. Blöd dabei sind nur diese störenden Kinder, die man political correct auch nicht mehr kriegen sollte. Es gibt doch eh zuviel davon auf der Welt, die es im übrigen ja eh nicht mehr lange macht.

Auf dem Weg zur Arbeit ist es bestimmt nicht, denn schließlich muss doch die Work-Life-Balance stimmen, darum geht es jetzt erstmal in ein nices Cafe, vorzugsweise sollte englisch, noch besser französisch, gesprochen werden. Wenn das Girl nicht alles versteht, egal, setzt es halt seine coole Miene auf und tut so als ob. Denn dort sind auch die anderen Börlin-Mitte-Girls und sogar der eine oder andere Boy. Es lohnt zwar nicht mit anderen zu quatschen, nur die Vibes müssen stimmen. Vermutlich ist das Girl Influencerin, arbeitet für ein Startup oder macht gerade ein Sabbatical, das der wahnsinnig uncoole Vater finanziert. Vielleicht schaut es jetzt mal im Second Hand vorbei,  rettet mal kurz die Welt und …. 

Für mich läuft es auf dem Weg alles andere als gut: Ich habe versucht meine Wohnung hübsch einzurichten, mag Frühstück mit Brötchen und Ei, trinke dazu am liebsten den guten alten Filterkaffee. Klamotten lieb ich, nur wenn sie was für mich tun, gehe regelmäßig zum Friseur, ab und an sogar zur Pediküre und ich arbeite in meinem Beruf nine to five und ich freue mich immer, wenn jemand deutsch mit mir spricht, weil mein Englisch zwar okay, aber weit von gut entfernt ist, von Französisch mal ganz zu schweigen. Aber wie gesagt, der Weg dauert mit zunehmendem Alter länger und vielleicht feiere ich meinen 100. Geburtstag als echtes Börlin-Mitte Girl (Feiern die?), was meint ihr?  

Tag 303/4: Aus alt wird neu

Wahrscheinlich habt ihr euch schon gewundert, wo ich stecke? Es war der Farbtopf bzw. die Fugenmasse.

Bei uns gibt eigentlich schon immer, aber mindestens seit 45 Jahren einen Küchenhocker/Beistelltisch, einst aus rohem Kiefernholz. Irgendwann in den 70igern hat meine Mum ihn erstmals verschönert, er wurde blau und bekam eine Korkplatte.

Warum er immer bleiben durfte, irgendwie war er immer zu gebrauchen und sei es nur im „könnte“-Status. Daraus wurde dann Gewohnheitsrecht und er war kreuz und quer durch Deutschland bei uns.  So auch im Dezember und nun stellten wir fest, genauso ein Tischen braucht unsere Terrasse. Besonders ansehnlich war er allerdings nicht mehr.

Also versuchte nun ich mich als Beauty-Doc. Aus den kleinen Blauen sollte ein Mädchentisch mit viel Pink, Glamour und ein bisschen Shabby werden.

Es funktionierte eigentlich ganz gut. Gebraucht habe ich, nach dem Abpulen des Korks:

  • Sandpapier zum Aufrauen
  • Pinke und weiße Acrylfarbe
  • Einen Schwamm und einen Pinsel (für schlecht zugängliche Stellen) zum Auftragen
  • Lack für Außen
  • 2 Mosaiknetze (der Tisch ist 30×30 cm)
  • Mosaikkleber
  • Fugenmasse 
  • Gefäß zum Anrühren
  • Silberglitzer
  • Spachtel zum Auftragen
  • Schwamm zum Abwaschen

Der Zeitaufwand hielt sich in Grenzen und das Endergebnis gefällt uns sehr 🙂

So nun wisst ihr, womit ich beschäftigt war.

Im Einsatz:


Liebste Grüße 

Ela

Tag 296: Wie versprochen, das Endergebnis meines Schaffens ;)

Er ist fertig. Es ist schon merkwürdig, diese Wohnung scheint meine Kreativität enorm anzuregen und macht mich noch zur Bastel-/Maltante. Das muss hier in der Luft liegen, es gibt on dieser Ecke der Stadt eine wahmsinnige Dichte an Gallerien. Es ist schon etwas Boheme.

Mein bevorzugtes Objekt ist gerade die Terrasse und genau dafür ist der Topf. 

Es hat total Spaß gemacht, mir gefällt das Ergebnis und es hat fast  nichts gekostet, außer etwas Zeit und ein bisschen Acrylfarbe, ein paar Muscheln aus dem letzten Urlaub und Außenlack.

Liebste Grüße 

Ela

Tag 294: 1 Platz 12 Monate, Monat April

Zeilenende hat das spannende Projekt „12 Monate“ gestartet, wir betrachten ein Jahr lang einen von uns gewählten Ort und jeweils am letzten Sonntag des Monats zeigen wir ihn und wie er sich verändert hat. 

Ich habe mir meine Terrasse ausgeguckt, sie und ich, wir sind noch im Honneymoon und werden unser erstes gemeinsames Jahr erleben. So ganz glaube ich immer noch nicht, dass ich sie (mit der dazugehörigen Wohnung) mitten in Berlin gefunden habe. Das Februar Foto habe ich leider verpasst, aber wenn ihr euch nix Buntes und leichte Tristesse vorstellt, passt es.

Im April hat sich viel getan und vor allem die Natur war èxtrem fleißig und hat für ganz viel Grün gesorgt, aber auch wir waren nicht untätig und haben aufgeräumt, die Winter-Abdeckung ist verschwunden und so manches Pflänzchen hat sich zu uns gesellt. „Unser“ Eichhörnchen liebt uns auch noch und verspeist weiterhin seine Nüsse mit Vorliebe dort.

Ich staune manchmal noch immer – wenn ich morgens aufwache und die Vögel zwitschern fleißig, ansonsten ist Stille -, dass ich tatsächlich mitten in Berlin, nahe dem Potsdamer Platz bin.

Heute, schon vor den Eisheiligen haben wir die ersten Geraniengepflanzt und hoffen, es geht gut. Anschließend habe ich dann das erste Mal eine gute Stunde auf der Terrasse gesessen, gelesen und die Sonne genossen.

April 2017

Eigentlich wäre das ja der Blick, aber ich habe noch ein paar schöne Ein- bzw. Ausblicke.

Diese spannenden Blicke gibt es noch:

https://fraurebis.wordpress.com/2017/03/26/baumwandelweg-2/

https://kaffeetaesschen.wordpress.com/2017/02/26/zwoelf-monate-fensterblick-1-strahlen/

Agnes dokumentiert die Baustelle der Groth-Gruppe am Berliner Mauerpark

Amerdale zeigt das Wohnzimmer

Arno von Rosen zeigt die Eiche in Nachbars Garten

Chris zeigt den Baum vor seinem Fenster

frauholle52 blickt auf ihre Terrasse

Gerda Kazakou nimmt uns mit in ihr Atelier

Impressions of Life blickt auf Balkon und Garten

Meermond zeigt ihre Füße her

Mein Name sei MAMA nimmt uns mit unter den alten Kirschbaum

Mitzi Irsaj erinnert sich an den Ort, an dem 24 Olivenkerne im Münchner Rosengarten ruhen

Multicolorina rastet an einer Feldweg-Bank

Neues vom Schreibtisch zeigt den Park rund um die Reste des Garnisons-/Katharinenfriedhofs in Braunschweig

Random Randomsen hat einen geheimnisvollen Baum gewählt

rina.p macht einen Hofgang

Rubinkatze blickt über die Dächer Münchens

solera1847 nimmt uns mit auf die Gartenbaustelle

tallyshome zeigt ihr Wohnzimmer-Sofa

trienchen2607 richtet ihre Wohnung neu ein

Tag 209 – Ein letztes Mal …

…war ich heute in unserer alten Wohnung und hatte mir fest vorgenommen ein wenig sentimental zu sein.

Wir hatten dort ja eigentlich auch gute Zeiten. Meine Tochter ist dort vom kleinen Mädchen zur klugen jungen Frau herangewachsen. Aber eben nicht nur gute und ich hoffe – bitte, bitte – nie wieder mit solch einen besch*** Riesenberg von Problemen fertig werden zu müssen. Daher war da auch nur der Gedanke: „Hallelujah, endllich vorbei!“. Ich habe -wohl auch durch xie Umstände – diese Wohnung nie als mein Heim, bestenfalls als Zufluchtdort, aber eher als Übergangslösung empfunden und wir hatten gewiss nicht die beste Phasee unseres Lebens. Wir wollten überhaupt nicht nach Berlin, sondern in unserer bayrische Idylle bleiben, aber ich musste wieder Geld verdienen und mein (öffentlicher Arbeitgeber) wollte zu meinem Verdruß einfach keine  Dependance in der bayrischen Provinz eröffnen.

Dazu kam, dass wir zwar in Berlin lebten, es sich aber  nicht so angefühl hatt, da war nur irgendeine seeelenlose Vorstadt. Oft kam es mir vor, als pulsiere nur wenige Kilometer weiter das pralle Leben und ich fühlte mich irgendwie ausgesperrt. Trotzdem sind 13 Jahre eine lange Zeit, die zweifellos Spuren hinterlassen haben und das nicht nur in Form von Falten und es war ja auch nicht so, dass es nicht auch reichlich glückliche und lustige Momente/Zeiten gab.

Es war auch nicht wirklich eine schlimme oder gar häßliche Wohnung, im Gegenteil. Es gab viel Platz, viel Licht, einen schönen Wintergarten. Das Haus und die dazugehörige Grünanlage werden gut gepflegt, Einkaufsmöglichkeiten sind in nächster Nähe, die Tram hält  quasi vor der Tür und – wie sagt der Berliner so schön – Freundschaft wohnte drei Häuser weiter.

Trotzdem ich war nur froh, als sich die Tür hinter mir schloss…