abcExtraetüde textwoche 14-20 – Geschichten aus der alten Villa –

Im Moment habe ich so richtig Bock zum Schreiben und in die abcEtüden bin ich ja schon lange verliebt und jetzt im Urlaub, den ich Dank Corona Zuhause verbringen muss, habe ich ja genug Zeit. Ich habe beschlossen aus meinen abcEtüden eine Geschichte in Fortsetzungen zu machen.

Lale und die alte Villa, Teil 1

@pixabay

Die Steine waren verwittert, die Holzrahmen der Fenster, einst weiß, jetzt schmutzig grau und die ehemals elegante doppelflüglige Eingangstür aus Zedernholz, war mit tausend Sprüchen und Grafitis besprüht, aber mit der Messinglampe, deren Glas und Glanz schon lange fehlten, wirkte sie trotz allem noch auf eine ganz eigene Weise eindrucksvoll. Alt war sie und groß, die Villa, bereits von weitem strahlte sie Leere und die Abwesenheit jeglichen Lebens aus, wäre da nicht noch der Vorgarten, den sich inzwischen unendlich viele knallgelb blühende Forsythien erobert hätten, die neben dem Wein, der am Haus rankte doch irgendwie vom Leben zeugten. Sie wirkte geheihmnisvoll, es war spürbar, dass schon lange niemand darin gelebt hatte. Was würde sie darin vorfinden, denn laut des Notars gehörte die jetzt ihr. Ihre Patentante, die die letzten Jahre in einem Seniorenheim an der Küste gelebt hatte, hatte sie ihr, neben ihrem Vermögen, mit der Auflage, mindestens ein Jahr darin zu leben und einem dicken Brief, vererbt. Der Sonnenuntergang tauchte das alte Haus in weiches Licht, jetzt wirkte es wie ein Märchenschloß. Endlich gab Lale sich einen Ruck, ging zur Eingangstür und schloss sie mit dem altmodisch großen Schlüssel auf. Jetzt stand sie in der riesigen Eingangshalle, in der die Staubpartikel nach einer eigenen Choreographie zu tanzen schienen. Von den Wänden blickten dunkel gekleidete Herren, deren Blicke alles andere als warm waren auf sie herab, wahrscheinlich die Vorfahren von Tante Tusnelda. Rasch ging sie weiter in den Salon, in dem die Zeit vor 100 Jahren – so schien es – angehalten worden war, mit der roten Plüschgarnitur, den schweren Schränken aus dunklem Holz. Und kalt war es hier drinnen, sie würde hier bestimmt erfrieren. Da, waren das da oben Schritte? Quatsch, ermahnte Lale sich, gleich würden noch weiß gewandete Geister durch die Luft fliegen. Gut, dass sie alleine war, mit ihrem laut pochendem Herzen machte sie sich ja lächerlich. Aber stop, was war das? Tap, tap, tap, langsam näherte sich das Geräusch Tap, tap tap, Lale brauchte ihre ganze Selbstbeherschung um nicht laut schreiend davonzurennen. Tap, tap, tap, ein grauer Kopf kam um die Ecke, es war eine Katze, die nun kläglich miauend um ihre Beine strich. Erleichtert beugte sich Lale zu dem Tier, strich sacht über dessen Rücken und sagte: “ Na du, du bist wohl ein hungriges Gespenst“ und musste über ihre eigene Dummheit lachen. (383 Wörter)

Fortsetzung folgt …

Disclaimer

Sonnenuntergang, warm, fliegen
Forsythien, lächerlich, erfrieren

Diese  5 Begriffe in dieser Woche von Corly und Elke H. Speidel und von müssen in einer Geschichte in der maximal 300 Wörtern verwendet werden dürfen. Inhaltshinweise und die Überschrift zählen NICHT zum Text. Alles weitere findet ihr bei der Lieben Christiane auf „Irgendwas geht immer“. Bei ihr liegt auch das Copyright für die Illustration, die ihr hier als Beitragsbild seht.

❤-lichst

Ela

abc Etüden 38.17: Um die Ecke gedacht

Heute mache ich wieder bei den abc Etüden mit, gehostet von ChristianeGestalterisch wird sie unterstützt von Herrn Textstaub, der uns jede Woche die schönen Grafiken schenkt und die abc Etüden ins Leben gerufen hat. Die Regeln sind einfach, man schreibt unter Verwendung von drei vorgegebenen Wörtern in höchstens 10 Sätzen eine shortest Short Story. Die Wortspenden kommen in dieser Woche von Herbert  und es sind die Begriffe:

  • Achtsamkeit
  • verwurschteln
  • rosa-grün.

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Um die Ecke gedacht

Sina war schon immer leicht verpeilt und lebte in einer eigenen Welt – sagten jedenfalls die anderen -. Morgens kam sie zwei Stunden zu spät zur Schule, weil sie erst noch schnell alle Nacktschnecken vom Gehweg retten musste oder ähnliches. Mit zehn spielte Sina noch immer vorzugsweise mit ihren erfundenen Freunden und mache Lehrer hätten sie in den ersten Klassen gerne in eine Förderschule abgeschoben, weil der Unterricht sie so gar nicht zu interessieren schien. Trotzdem ihre Eltern immer besorgter und damit achtsamer wurden, verpasste Sina den Bus, weil auf einer Blüte dieser zauberhafte Schmetterling mit dem rosa-grünen Muster saß. Manchmal zog sie auch verschieden farbige Söckchen an und ihre Haare waren einfach immer – sogar direkt nach dem Kämen – irgendwie verwurschtelt.

Zum großen Erstaunen aller lieferte Sina aber ein 1a-Abitur ab und ihr schweres Studium schien sie im Vorbeigehen zu absolvieren. Die Doktorarbeit war das kleinste Problem und gerade wurde sie für einen der renommiertesten Wissenschaftspreise vorgeschlagen und als Gastdozentin an die Harvard Universität eingeladen. Begründet wird beides damit, dass Sina um die Ecke denkt und bei ihren Forschungen nie von vermeintlichen Gegebenheiten ausgeht.

Liebste Grüße

Ela